Im März diesen Jahres fand der erste weltweite Fridays for Future-Streik Jugendlicher aus 118 Ländern statt. In 1.594 Städten gingen 1,6 Millionen Menschen für den Klimaschutz weltweit auf die Straße. Noch nie hat das Thema Nachhaltigkeit und grüner Fußabdruck so polarisiert wie heute. Selten zuvor hatte man aber auch das Gefühl, wirklich etwas bewirken zu können – vom Gymnasiasten bis zum Influencer. Und das ist ziemlich großartig! Kein Wunder also, dass auch große wie kleine Unternehmen längst damit begonnen haben, ihre Entscheidungen zum Teil dem ökologischen Aspekt unterzuordnen. Endlich werden Einwegbechern, Strohhalmen, Plastiktüten und Co. der Kampf angesagt. Ich will mich jetzt nicht selbst beweihräuchern, aber für mich ist es nicht erst seit letztem Freitag klar, meinen Müll zu trennen, den Jutebeutel zum Einkaufen mitzunehmen, meine Tomaten lose abzuwiegen und selbst die Hinterlassenschaften meines Hundes im biologisch abbaubaren Kotbeutel zu entsorgen.

Aber wie steht es eigentlich um meine heißgeliebten Printprodukte? Für mich als Kreative mit Schwerpunkt Print ist das Thema per se emotional aufgeladen, und wahrscheinlich kann nur ein Gleichgesinnter den Endorphin-Ausstoß beim Blättern eines Magazins mit besonderer Papierstruktur, toller Veredelung oder hochwertiger Farben nachvollziehen. Und der Geruch! Doch genug von dem Nerd-Talk. Messe ich da etwa mit zweierlei Maß? Mache ich eine heuchlerische Ausnahme zugunsten der Ästhetik meiner Arbeit? Bin ich etwa nicht rational genug, wenn ich einem Kunden zu einer gedruckten Broschüre rate? Bin ich etwa ein GRAFIK-KREUZFAHRTSCHIFF!?!

Jetzt schütteln wir alle mal kurz die Emotionen ab und machen einen schnellen Faktencheck. Der Verband Druck und Medien hat unter Berufung der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt an der ETH Zürich unter dem Thema Greenprinting statt Greenwashing sowie eine ökologische Studie des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau zusammengefasst und folgendes ermittelt:

1. Die europäische Papierindustrie forstet mehr Wald auf, als sie verbraucht. Die Waldfläche in Europa schrumpft also nicht sondern wächst: Und zwar von 2005 bis 2010 um 512.000 Hektar.

2. Digital verschlingt immense Ressourcen. Dazu tragen die Gewinnung seltener Erden, die energieaufwändige Produktion, der Stromverbrauch für den Betrieb von Geräten und Servern und die Entsorgung bei. Und das bei relativ kurzer Nutzungsdauer.

3. Die Herstellung eines PCs samt Monitor verbraucht so viel kWh, als würde man 365 Tage im Jahr drei Stunden täglich die Waschmaschine laufen lassen.

4. Das Recycling von Tablets, Smartphones und PCs ist ausbaufähig. So lagern nach Schätzungen der Deutschen Umwelthilfe 124 Millionen Handys ungenutzt in deutschen Schubladen. Darin enthalten sind 2,9 Tonnen Gold, 30 Tonnen Silber und 1.100 Tonnen Kupfer, die recycelt werden könnten. (Quelle: Deutsche Umwelthilfe)

Der Bundesverband Druck und Medien kommt bei der Frage „Was ist besser für die Umwelt“ zu folgendem Ergebnis: „Eine Zeitung auf Papier zu lesen oder online im Internet? Ein Vergleich zeigt: Das „Holzmedium“ hat eindeutig die Nase vorn. Denn allzu oft wird übersehen, wie hoch der Energieverbrauch für die Online-Lektüre wirklich ist.“ (Quelle: BVDM)

In seiner Dissertation „Leistungsfähigkeit produktpolitischer Instrumente“ schreibt Janis Winzer zum Thema Produktlebensdauer: „Eine Gesellschaft, die ihre Ressourcen nicht schont, stellt ihre Zukunft infrage. […]. Es besteht weitgehend Konsens, dass Nachhaltigkeit nur durch nahezu geschlossene Kreisläufe erreicht werden kann, […] Produkte zu designen, Geschäftsmodelle darauf aufzubauen, Marktstrukturen dafür zu errichten, dass Produkte nur eine kurze Lebensdauer besitzen, ist Verschwendung und stellt zukünftige Entwicklung in Frage.“[…]

Aber genug der trockenen Theorie. Fest steht: bedrucktes Papier ist (zum jetzigen Zeitpunkt) umweltfreundlich! In der ganzheitlichen Umweltbilanz im Lebenszyklus nehmen Printprodukte eine führende Position ein. Der Hauptrohstoff der Druckereien – Papier – erreicht eine Recyclingquote von 82,4 Prozent, und Papier wird immer umweltverträglicher, immer energiesparender und – oft mit Zertifikat – nachweislich immer nachhaltiger hergestellt. (Quelle: Verband Druck und Medien Bayern e.V).

Die Digitalbranche hat viele versteckte Umweltsünder. Und – ein Schelm wer Böses denkt – ganz manchmal vielleicht wird der Umweltgedanke schlichtweg als Vorwand genommen, um Kosten einzusparen (Thema: Greenwashing). Denn einen großen Nachteil hat mein geliebtes Print dann doch: Es kostet im Herstellungsprozess eine Menge Geld. Nicht nur die reine Produktion einer Imagebroschüre z. B. ist sehr kostenintensiv. Im Gegensatz zum schnelllebigem Digitalsektor ist der Prozess bis zum fertigen Produkt viel komplexer. Kosten für Grafiker, Texter und Fotografen lassen den ein oder anderen Kunden schwindelig werden.

Deshalb ist mein Fazit: Es lebe der Print! Print ist toll und wird auch nicht so schnell von der Bildfläche verschwinden. Denn wer seine Kommunikationsstrategie ausschließlich auf das Internet ausrichtet, verpasst viele Chancen, den Verbraucher zu erreichen. Sinnvoll ist die Investition allerdings nicht immer. Wann es jedoch Sinn macht, verrate ich Euch beim nächsten Mal. Ich bin dann mal weg – bei einem Käffchen in meinem Lieblingsmagazin blättern.